"Hohe Herren von der Akademie!
Sie erweisen mir die Ehre, mich aufzufordern, der Akademie einen Bericht über mein
äffisches Vorleben einzureichen..."
An der Elfenbeinküste zu Beginn des 20. Jahrhunderts:
Ein junger Affe wird im Auftrag des Zirkus Hagenbeck angeschossen, in einen
Käfig gesperrt und auf einem Schiff nach Hamburg gebracht. Fünf Jahre später
schildert dieser Affe, jetzt "Rotpeter" genannt, den schmerzvollen Weg seiner
"Menschwerdung": Todkrank, in einen Käfig eingesperrt, erkennt er, daß es eine
absolute Freiheit, eine "Affenfreiheit", nicht mehr geben kann und Flucht nur
eine Verzweiflungstat wäre.
"Ich hatte
keinen Ausweg, mußte mir ihn aber verschaffen, denn ohne ihn konnte ich nicht
leben - ich wäre unweigerlich verreckt - nun, so hörte ich auf, Affe zu sein."
Er paßt sich an und lernt. Er ahmt die sich mit ihm
beschäftigenden Matrosen nach und gibt schließlich, nachdem er eine
Schnapsflasche geleert und sie ebenso kunstgerecht von sich geworfen
hat wie seine Lehrmeister, den ersten menschlichen Laut von sich: "Hallo!"
Alles, was er in den folgenden Jahren unternimmt, ist
bestimmt von einem einzigen Gedanken: Ausweg. Und dieser Ausweg führt ihn
ins Varieté. Dort findet er - beachtet und bestaunt - seine zweite Heimat.
"Ich wiederhole:
es verlockte mich nicht, die Menschen nachzuahmen; ich ahmte nach, weil ich einen Ausweg suchte,
aus keinem anderen Grund."
Franz Kafkas "Bericht für eine Akademie" ist eine in scharf ironischem
Stil verfaßte Parabel auf die Beengtheit der menschlichen Gesellschaft und auf das
Verlangen nach einer diffus definierten Freiheit und Anerkennung. Ein Meisterwerk
sprachlicher Präzision und Detailschilderung.
|