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Walsers Texte kommen so ganz anders daher als die sogenannte
"große Literatur"; sie scheinen zu absichtslos: nicht wirklich kritisierend und
schon gar nicht polemisierend oder skandalös.
Nur wenige erkannten zu seiner Zeit, daß kaum jemand sonst so nahe am
Selbstverständlichen war und damit der "Wahrheit" - was immer das sein
mag - am nächsten. Robert Musil, Franz Kafka, Hermann Hesse und
Walter Benjamin waren sich der Besonderheit von Walsers Haltung sehr wohl bewußt.
Kategorien wie gut und schlecht sind bei ihm irgendwie sinnlos. Er scheint immer
beides zu sein: gut und böse, ungeschickt und kunstvoll, natürlich und künstlich,
vieles und kaum etwas wissend.
So ist es kein Wunder, wenn uns Walsers "Spaziergänger" wie
ein kleiner Bruder des Don Quichote erscheint, der sich ebenso über mißratene
Zustände der Welt ereifert und diese tadelt, wie er das Feine, Aufrichtige und Ehrliche lobt.
"Frei von Reichtümern" ist Walsers moderner Don Quichote. Mutig und mit der Standhaftigkeit
eines Unerschütterlichen versehen, findet auch er seine Aufgaben: Er treibt üble Scherze
mit einem Buchhändler um das meistgelesene Buch, hält einem allzu kühnen Bankbeamten
eine Standpauke, wird von einer Gönnerin zu einem desaströsen Mittagsmahl
eingeladen, kämpft wortgewandt gegen einen unverbesserlichen Schneidermeister,
begegnet dem einsam umherirrenden Riesen "Tomzack" und, wie sollte es anders sein,
verliebt sich in eine jugendliche Sängerin und kehrt, spät am Abend, wieder zurück
in seine Wohnung.
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